KVHS Northeim 2025 : Astronomie - eine Reise durch Raum und Zeit
Offene Sternhaufen
Offene Sternhaufen: Plejaden, M37 und NGC4755
Offene Sternhaufen sind lose gebundene Gruppen von Sternen, die aus derselben Gas- und Staubwolke entstanden sind.
Es sind junge, dynamische Sternansammlungen mit einer geringen Sterndichte und meist blauen, heissen Sternen als
Geburtsorte vieler Sterne in der Galaxie.
Sie sind im Gegensatz zu Kugelsternhaufen weniger dicht und lösen sich daher im Laufe der Zeit durch gravitative Wechselwirkungen auf.
Offene Sternhaufen kommen hauptsächlich in Spiral- und irregulären Galaxien vor.
Definition: Ein offener Sternhaufen ist eine gravitativ gebundene Gruppe von Sternen, die aus derselben
Molekülwolke entstanden sind und eine ähnliche chemische Zusammensetzung haben.
Häufigkeit: In der Milchstrasse gibt es etwa 1.100 bekannte offene Sternhaufen, aber es könnten
über 100.000 existieren.
Verbreitung: Sie befinden sich meist in der galaktischen Scheibe, insbesondere in den Spiralarmen.
2. Physikalische Eigenschaften
Masse und Grösse
Sternanzahl: Typischerweise 10 bis einige tausend Sterne.
Durchmesser: Meist zwischen 1 und 30 Lichtjahren.
Masse: Zwischen einigen Dutzend und einigen Tausend Sonnenmassen.
Dichte: Viel geringer als bei Kugelsternhaufen (typisch wenige Sterne pro Kubiklichtjahr).
Gravitation und Dynamik
Wenig gravitativ gebunden: Aufgrund der geringen Masse und Sterndichte sind offene Haufen nicht stark gravitativ gebunden.
Zerfallsprozesse: Durch galaktische Gezeitenkräfte und Wechselwirkungen mit anderen Objekten lösen
sich viele offene Haufen nach einigen Hundert Millionen Jahren auf.
Rotation und Bewegung
Differenzielle Bewegung: Die Sterne bewegen sich gemeinsam durch den Raum, aber nicht perfekt synchron.
Umlaufbahn um die Galaxie: Meist in der galaktischen Scheibe mit relativ niedrigen Geschwindigkeiten im
Vergleich zu Kugelsternhaufen.
3. Sternpopulationen
Junge Sterne: Offene Sternhaufen enthalten hauptsächlich junge Sterne, die erst vor wenigen
Millionen bis einigen Hundert Millionen Jahren entstanden sind.
Hoher Anteil massereicher Sterne: Viele enthalten O- und B-Sterne, die sehr heiss und leuchtkräftig sind.
Metallreiche Sterne: Da sie relativ jung sind, haben sie einen höheren Gehalt an schweren Elementen
als die alten Population-II-Sterne in Kugelsternhaufen.
Verschiedene Sternmassen: Von sonnenähnlichen Sternen bis hin zu massereichen, kurzlebigen Riesensternen.
4. Chemische Eigenschaften
Einheitliche Zusammensetzung: Die Sterne eines offenen Haufens haben ähnliche chemische Zusammensetzungen,
da sie aus derselben Molekülwolke entstanden sind.
Metallizität: Höher als bei Kugelsternhaufen, da sie aus angereichertem interstellarem Medium entstanden sind.
5. Strahlung und elektromagnetische Eigenschaften
Optische Strahlung: Offene Haufen enthalten viele heisse, blaue Sterne und erscheinen oft leuchtkräftig.
Infrarotstrahlung: Junge offene Sternhaufen können noch Reste von Staub- und Gaswolken enthalten,
die im Infrarotbereich leuchten.
Röntgenstrahlung: Kann von aktiven jungen Sternen, Neutronensternen oder Röntgendoppelsternen ausgehen.
Radiowellen: Einige offene Sternhaufen enthalten Radiowellenquellen, insbesondere in frühen
Entwicklungsphasen mit verbleibendem Gas.
6. Dynamische Prozesse
Auflösungsprozesse:
Sterne treiben durch Wechselwirkungen langsam auseinander.
Galaktische Gezeitenkräfte ziehen Sterne aus dem Haufen.
Wechselwirkungen mit interstellaren Gaswolken können den Zerfall beschleunigen.
Massensegregation: Schwerere Sterne sinken oft ins Zentrum des Haufens, während leichtere Sterne
weiter aussen zu finden sind.
Evaporation: Durch gegenseitige Sternbegegnungen können einzelne Sterne aus dem Haufen herausgeschleudert werden.
7. Wechselwirkungen mit der Galaxie
Gezeiteneffekte: Die Milchstrasse übt starke Gezeitenkräfte auf offene Sternhaufen aus,
wodurch sie langsam auseinandergezogen werden.
Sternströme: Einige ehemalige offene Haufen hinterlassen lange Sternströme aus herausgelösten Sternen.
Einfluss auf Sternentstehung: Offene Haufen können durch ihre Strahlung und Supernovae die
Sternentstehung in benachbarten Regionen beeinflussen.
8. Klassifizierung und bekannte Beispiele
Klassifikation nach Trumpler (1930):
Trumpler klassifizierte offene Sternhaufen nach drei Kriterien:
Konzentration (I bis IV):
I: Starke Konzentration im Zentrum.
II: Mässige Konzentration.
III: Geringe Konzentration.
IV: Sehr lockerer Haufen (kaum erkennbar).
Helligkeitsverteilung (1 bis 3):
1: Grosse Helligkeitsunterschiede zwischen den Sternen.
2: Mittlere Helligkeitsunterschiede.
3: Sterne etwa gleich hell.
Sterne im Hintergrund (+ oder -):
: Hintergrundsterne vorhanden.
: Keine Hintergrundsterne.
Bekannte Offene Sternhaufen:
Plejaden (M45): Junger Haufen, etwa 440 Lichtjahre entfernt.
Hyaden: älterer Haufen in ca. 150 Lichtjahren Entfernung.
h und χ Persei: Doppelhaufen im Perseus, sehr jung (~13 Mio. Jahre).
M44 (Praesepe, Bienenkorb-Haufen): Einer der erdnahen offenen Haufen (~600 Lichtjahre entfernt).
9. Relikte aus der Sternentstehung
Offene Sternhaufen sind die Geburtsorte vieler Sterne: Die meisten Sterne, einschliesslich der Sonne,
entstanden wahrscheinlich in offenen Sternhaufen.
Viele Haufen zerfallen innerhalb weniger Hundert Millionen Jahre: Die Sterne verteilen sich im galaktischen
Feld und werden zu Einzelsternen.
Alte offene Haufen sind selten: Einige wenige überleben länger, z. B. NGC 6791 (~8 Mrd. Jahre alt).