3. Kapitel III:
Hochriskantes KI-System
Liste mit Inhaltsangabe des Kapitels III „Hochriskante
KI-Systeme“ der AI Act (Verordnung (EU)
2024/1689). Dieses Kapitel ist das
umfangreichste der gesamten Verordnung und enthält die
Kernregeln, die für die meisten Diskussionen rund um
den AI Act entscheidend sind.
Kapitel III – Hochriskante
KI-Systeme
Das Kapitel ist in fünf Abschnitte gegliedert:
- Einstufung als hochriskant
- Anforderungen an hochriskante Systeme
- Pflichten entlang der Lieferkette (Anbieter, Importeure, Vertreiber,
Betreiber)
- Benannte Stellen und notifizierende Behörden
- Normen, Konformitätsbewertung, Bescheinigungen und
Registrierung
Abschnitt 1
– Einstufung von KI-Systemen als hochriskant
Artikel 6 –
Klassifizierungsregeln
Beispiele aus Anhang III:
- KI in kritischer Infrastruktur (Stromnetze, Wasser, Verkehr),
- KI in Bildung (Prüfungsbewertung, Zulassungen),
- KI in Beschäftigung (Recruiting, Leistungsüberwachung),
- KI in Strafverfolgung (Polizeiarbeit, Beweisanalyse),
- KI im Justizwesen (Entscheidungshilfen bei Gerichten).
Artikel 7 – Änderungen des
Anhangs III
- Die Kommission kann Anhang III erweitern oder ändern, wenn sich neue
Risiken zeigen.
Abschnitt
2 – Anforderungen an hochriskante KI-Systeme
Dieser Abschnitt (Art. 8–15) enthält die konkreten
Pflichten, die Anbieter erfüllen müssen, damit ein System in
der EU in Verkehr gebracht werden darf.
Artikel 8 – Einhaltung
der Anforderungen
- Anbieter müssen sicherstellen, dass ihre Systeme die
grundlegenden Anforderungen (Art. 9–15) erfüllen.
Artikel 9 –
Risikomanagementsystem
- Pflicht zur Einführung eines kontinuierlichen
Risikomanagements über den gesamten Lebenszyklus.
- Risiken müssen identifiziert, bewertet, gemindert und
überwacht werden.
Artikel 10 – Daten und
Daten-Governance
Beispiel: Ein Recruiting-KI-System darf nicht auf verzerrten Daten
basieren, die Frauen oder Minderheiten systematisch benachteiligen.
Artikel 11 – Technische
Dokumentation
Artikel 12 –
Aufbewahrung von Aufzeichnungen
- Systeme müssen so gestaltet sein, dass Protokolle /
Logs entstehen, um ihre Nutzung nachvollziehbar zu machen.
Artikel 14 – Menschliche
Aufsicht
- Systeme müssen so konzipiert sein, dass Menschen eingreifen
oder eingreifen können, um Risiken zu begrenzen.
- Es muss klar definiert werden: Wer überwacht das System? Welche
Eingriffsmöglichkeiten bestehen?
Artikel 15 –
Genauigkeit, Robustheit, Cybersicherheit
Abschnitt
3 – Verpflichtungen von Anbietern und anderen Akteuren
Artikel 16–26
Hier werden die konkreten Rollen entlang der
Lieferkette geregelt:
Anbieter (Hersteller/Entwickler):
- Müssen Konformitätsbewertung durchführen,
- CE-Kennzeichnung anbringen,
- Registrierung im EU-Datenbank-System vornehmen,
- Monitoring nach Inverkehrbringen betreiben.
Bevollmächtigter Vertreter:
- Handelt im Namen des Anbieters innerhalb der EU.
Importeure:
- Dürfen nur konforme Systeme in die EU bringen.
Vertreiber:
- Müssen prüfen, ob Produkte CE-Kennzeichnung tragen und die nötigen
Dokumente beiliegen.
Betreiber (User/Deployers):
- Müssen die Systeme gemäß den Anleitungen
verwenden.
- Müssen vor dem Einsatz prüfen, ob das System für den beabsichtigten
Zweck geeignet ist.
Abschnitt
4 – Notifizierende Behörden & Benannte Stellen
Artikel 28–39
Notifizierende Behörden: Nationale Behörden, die
benannte Stellen überwachen.
Benannte Stellen (Notified Bodies):
- Unabhängige Prüfstellen, die Konformitätsbewertungen
durchführen.
- Werden von den Mitgliedstaaten benannt und überwacht.
Vergleichbar mit TÜV oder Zertifizierungsstellen, die z. B.
Medizingeräte prüfen.
Artikel 40–49
Harmonisierte Normen: Wenn ein Anbieter diese
einhält, wird davon ausgegangen, dass er konform ist.
Gemeinsame Spezifikationen: Werden von der
Kommission festgelegt, wenn Normen fehlen.
Konformitätsbewertung:
- Selbstbewertung (interne Kontrolle) für bestimmte Systeme,
- oder externe Prüfung durch benannte Stellen bei kritischen
Systemen.
Zertifizierung & CE-Kennzeichnung:
- Jedes hochriskante System benötigt eine CE-Kennzeichnung, um auf den
Markt zu dürfen.
EU-Datenbank (Art. 49):
- Anbieter müssen ihre Systeme registrieren,
- öffentlich zugängliche Transparenzdatenbank für hochriskante
KI-Systeme.
Bedeutung von Kapitel III
- Kapitel III ist das Herzstück des AI Acts.
- Es schafft strenge, überprüfbare Anforderungen, die
sicherstellen sollen, dass Hochrisiko-KI sicher, fair und transparent
ist.
- Besonders wichtig: Das Verantwortlichkeitskonzept entlang
der Lieferkette – nicht nur der Entwickler, sondern auch
Importeure, Händler und Betreiber haben Pflichten.
- Durch die CE-Kennzeichnung wird KI wie ein
klassisches Industrieprodukt behandelt.
Zusammenfassung: Kapitel III regelt welche
Systeme hochriskant sind, welche Anforderungen sie
erfüllen müssen, wer in der Lieferkette welche
Verantwortung trägt, wer sie prüft und
wie sie registriert werden. Damit wird ein
vollständiger Rechtsrahmen für Hochrisiko-KI
geschaffen.