Liste mit Inhaltsangabe des Kapitels IX „Überwachung nach dem
Inverkehrbringen, Informationsaustausch und Marktaufsicht“ der
Verordnung (EU) 2024/1689 (AI Act). Dieses Kapitel ist
besonders wichtig, weil es regelt, wie KI-Systeme nach ihrer
Markteinführung überwacht werden und wie Behörden bei
Verstößen, Zwischenfällen und Risiken vorgehen.
Das Kapitel umfasst die Artikel 72 bis 94 und ist in
fünf Abschnitte unterteilt:
- Überwachung nach dem Inverkehrbringen
- Meldung und Austausch von Informationen über schwerwiegende
Zwischenfälle
- Durchsetzungsmaßnahmen der Marktaufsichtsbehörden
- Rechtsbehelfe für betroffene Personen
- Besondere Vorschriften für GPAI und systemische Modelle
Abschnitt 1 –
Überwachung nach dem Inverkehrbringen
Artikel 72 – Pflichten der
Anbieter
Vergleichbar mit Medizinprodukten oder Autos: Auch nach dem
Markteintritt muss die Sicherheit ständig überwacht werden.
Artikel 73 – Meldepflichten
Anbieter und Betreiber müssen schwerwiegende
Vorfälle sowie Fehler in
Hochrisiko-KI-Systemen unverzüglich den zuständigen Behörden
melden.
Beispiele für meldepflichtige Vorfälle:
- Verletzung von Grundrechten (z. B. Diskriminierung durch eine KI im
Bewerbungsprozess),
- sicherheitsrelevante Störungen (z. B. Fehlverhalten einer KI in
einem autonomen Fahrzeug).
Die Meldungen werden auch mit anderen Mitgliedstaaten und der
EU-Kommission geteilt, damit Risiken früh erkannt und EU-weit
koordiniert werden.
Abschnitt 3 –
Durchsetzungsmaßnahmen
Artikel
74–81 – Befugnisse der Marktaufsichtsbehörden
Die Behörden in den Mitgliedstaaten erhalten weitreichende
Eingriffsbefugnisse:
Prüfung & Kontrolle:
- Einsicht in technische Unterlagen,
- Anforderung von Daten und Logs,
- Vor-Ort-Kontrollen.
Korrekturmaßnahmen:
- Verpflichtung zu Software-Updates,
- Änderungen an Systemen,
- Einschränkung des Einsatzes.
Marktmaßnahmen:
- Rückruf von KI-Systemen,
- Verbot des weiteren Inverkehrbringens,
- Entfernung vom Markt.
Damit ähnelt die Durchsetzung stark der Marktüberwachung bei
klassischen Produkten (Produktsicherheitsrecht).
Abschnitt 4 –
Rechtsbehelfe für betroffene Personen
Artikel 85–87 –
Rechte der Bürgerinnen und Bürger
Personen, deren Grundrechte durch ein KI-System verletzt
wurden, haben Anspruch auf:
- Beschwerde bei nationalen Behörden,
- Zugang zu einem wirksamen Rechtsbehelf vor
Gericht.
Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass betroffene Personen
über ihre Rechte informiert sind.
Dies ist ein wichtiger Brückenschlag zur Grundrechtecharta
der EU.
Abschnitt
5 – Besondere Vorschriften für GPAI und systemische Modelle
Artikel 88–94 –
GPAI-spezifische Aufsicht
Für General Purpose AI (Kapitel V) gelten eigene
Vorschriften zur Marktüberwachung und
Durchsetzung.
Das AI Office (vgl. Kapitel VII) spielt hier
eine Schlüsselrolle:
- Beaufsichtigung großer Foundation Models,
- Einforderung von Transparenzberichten,
- Durchsetzung von Red-Teaming-Pflichten.
Nationale Behörden arbeiten mit dem AI Office zusammen, haben
aber weniger Eingriffsrechte bei GPAI (da dies meist global agierende
Anbieter betrifft).
Bedeutung von Kapitel IX
- Kapitel IX macht deutlich: Der AI Act endet nicht mit der
Marktzulassung, sondern legt einen dauerhaften
Überwachungsmechanismus fest.
- Es verbindet die Pflichten der Anbieter
(Monitoring, Meldungen) mit den Befugnissen der
Behörden (Kontrollen, Rückrufe, Marktverbote).
- Besonders stark ist auch der Grundrechtsschutz für
Bürgerinnen und Bürger, die aktiv Rechtsmittel nutzen
können.
- Für GPAI werden zusätzliche Aufsichtsinstrumente
etabliert, da hier systemische Risiken bestehen
können.
Kurz-Zusammenfassung
Kapitel IX (Art. 72–94) regelt:
- Monitoring nach Inverkehrbringen (Anbieter müssen
ihre Systeme laufend überwachen).
- Meldepflichten für schwerwiegende Vorfälle und
Fehlfunktionen.
- Befugnisse der Marktaufsicht (Kontrolle, Updates,
Rückrufe, Verbote).
- Rechtsbehelfe für Betroffene (Beschwerde,
Gerichtsklage).
- Besondere Aufsicht für GPAI (AI Office als zentrale
Instanz).
Fazit: Kapitel IX sorgt dafür, dass KI-Systeme nicht nur beim Start
sicher sind, sondern kontinuierlich überprüft und bei Problemen
angepasst oder vom Markt genommen werden können.